Von Zäunen und Vögeln und anderen Hörerscheinungen

 

Die plötzliche Aufdringlichkeit des Geräuschs wich und wandelte sich zu einem unerwarteten Hörerlebnis.

Ich dachte, es läge an irgendeinem äußeren Umstand, der diese Veränderung ausgelöst haben mochte. Doch der Zaun wurde immer noch repariert. Jemand begann von neuem weit weg Latten zusammenzunageln. Und der Vogel vor meinem Fenster gab weiterhin Laute von sich, kehlige, voluminöse, kurze Laute.

Allem Anschein nach setzte sich etwas in meinem Kopf fest. War es die kurzfristige Übereinkunft neben allen anderen Verlautbarungen, als ob dem Ganzen eine geheime Partitur zugrunde läge, oder vielleicht die wie füreinander bestimmten Klangfarben?

Dann dachte ich, es müsse die Distanz sein, die meine Ohren dermaßen auf den Weg brachten. Ich konzentrierte mich auf die Entfernungen, ganz nah, weit weg, irgendwo dazwischen:

Fernes trockenes Klicken eines Hammers auf Nagelköpfen und die Stimme des Tieres, sehr nah, fast ohne Abstand. Im Augenblick der Gleichzeitigkeit wurde ich hellwach. Ich hörte zu. Die Pausen wurden von meiner Erwartung auf das nächste Geräusch hin gefüllt. Sofort entworfene rhythmische Muster lösten sich schon bei ihrer Entstehung wieder auf. Es gab keine Struktur. Ich hörte in die Pausen hinein, wie in die Zeit selbst.

Berlin, Oktober 1994