Versuch über Pappeln

 

Ich liebe Pappeln. Pappeln rauschen  laut. Pappeln übertreiben bei der Wiedergabe des Windes. Sie sind mit Abstand die geräuschvollsten Bäume. Deshalb fanden sie immer meine uneingeschränkte Bewunderung als akustische Blattbewegungsverstärker. Diese Imagination von einem Klangraum, einer akustischen Ausdehnung von vielen einzelnen Klängen und der Vorstellung von etwas aus der menschlichen Größenperspektive extrem Großem. Die größten Pappeln die ich jemals gesehen habe (und ich bin ihnen nachgereist) befinden sich am Niederrhein. Riesige Bäume so hoch wie Kirchen und unglaublich weit hörbar.

Die Ausdehnung eines Windzuges, immateriell und unsichtbar wird sehr geräuschvoll wahrnehmbar. Und genau so habe ich mich dem Phänomen dieser Bäume genähert. Das Rauschen der Blätter als Abbildung von Wind und Bewegung, stärker oder schwächer und zusammengesetzt aus einer unendlichen anmutenden Zahl einzelner Geräusche, als einer Summierung und Vielstimmigkeit von tausenden sich bewegenden Blättern an einem Baum und als dessen von der Luftbewegung getragenem Hörfeld. Im Moment der Musikalisierung eröffnet sich die Möglichkeit des Hinneinhörens in das sich andauernd verändernde Geräusch, niemals statisch, immer in stetiger Modulation. Es ist wie ein Eindringen in einen Raum aus vielen Einzelgeräuschen und deren Präsenz als Wolke, die sich selbständig immer weiter trägt in ihrer akustischen Addition.

Norderheistedt, Mai 2011