Neu Hören

 

Die unvermittelt einsetzende Komplexität, die entsteht, wenn ich nur den Geräuschen meiner täglichen Umgebung, also solchen die ich zu kennen glaube, zuhöre und zwar nicht erwartungsvoll auf etwas Kommendes hin, sondern in zufälliger Teilhabe an einem Geschehen unterscheidet die Beanspruchung meiner Sinne gravierend von der normalen Hörkultur, beispielsweise der Hörpraxis in einem Konzertsaal.

Mein künstlerisches Interesse, dass mit der Beobachtung und Wahrnehmung von ephemeren akustischen Zuständen umgeht, auch solchen an denen wir meistens vorbeihören, weil sie scheinbar banal und alltäglich sind, hat einen ganzen Kosmos von neuen und für mich unbekannten Verästelungen meiner Realität hervorgebracht, die ich ohne diese Entdeckung nie erkannt hätte.

Es geht dabei nicht darum eine nächste Klanginstallation zu konzipieren, sondern einen Einblick zu gewähren in eine Art von Zusammenhängen, die mir die Welt neu erklären. Hier liegt der unbeschreibliche Reiz einer unerwarteten Transparenz, die sich auch  ganz anders ausdrücken kann: zu zeichnen, eine poetische Situation zu erleben oder einen Text zu verfassen.

März, 2020